Erfolg für die Stadt Vreden – Passbilder von der Ausweisbehörde erlaubt / Dr. Wallscheid & Drouven erwirken Urteil zugunsten der Stadt Vreden

Passbilder von der Ausweisbehörde – Rechtsanwälte Dr. Wallscheid & Drouven erwirken Urteile zugunsten der Ausweisbehörde / Stadt Vreden.

In einem bundesweit beachteten Verfahren haben wir das Recht der Ausweisbehörde auf Anfertigung von Passbildern verteidigt.

Gegenstand des Verfahrens war zunächst ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch eines Fotografen. Dieser hatte sich gegen die Anfertigung von Passbildern durch die Ausweisbehörden in seiner Existenz bedroht gefühlt und vor dem Landgericht Münster auf Unterlassen geklagt. Das Landgericht Münster hat die Klage erwartungsgemäß abgewiesen (Landgericht Münster, Urteil vom 22. März 2013 · Az. 023 O 146/12).

Unbeachtet blieb jedoch unsere Rüge, dass der Rechtsweg zu den Zivilgerichten nicht eröffnet sei.

In der Berufungsinstanz hat das OLG Hamm den Rechtsstreit entsprechend unserer Rüge an das Verwaltungsgericht Münster verwiesen.

Das Verwaltungsgericht Münster hat nun die Klage ebenfalls abgewiesen (Urteil vom 08.05.2015, Az. 1 K 94/14) und unsere Rechtsauffassung bestätigt. Ausweisbehörden dürfen demnach Passbilder erstellen. Über dieses Urteil wurde bereits vielfach berichtet.

Hier die Entscheidungsgründen:

„Die Klage, über die das Gericht mit Zustimmung der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, hat keinen Erfolg.

I.
1.
Das Oberlandesgericht Hamm hat das Verfahren bindend (vgl. § 17 a Abs. 2 Satz 3 GVG) an das Verwaltungsgericht Münster verwiesen. Unabhängig hiervon ist für den Hauptantrag der Verwaltungsrechtsweg gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO eröffnet. Die vorliegende Streitigkeit ist insoweit öffentlich-rechtlich und nichtverfassungsrechtlicher Art. Zur Begründung kann zunächst auf die zutreffenden Ausführungen im Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 5. November 2013 verwiesen werden. Die Klägerin strebt mit der Klage eine Regelung in Bezug auf ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis an. Sie erstrebt von der Beklagten die Unterlassung der im Hauptantrag genannten Tätigkeit. Sie macht hiermit einen öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch geltend, weil sie einen Eingriff in subjektive Rechte durch eine Betätigung der Beklagten bemängelt, deren Zulässigkeit durch die kommunalwirtschaftliche Vorschrift des § 107 Abs. 1 Gemeindeordnung NRW (GO NRW) geregelt wird. Das Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten ist somit öffentlich-rechtlich geprägt, weil durch die kommunalwirtschaftliche Norm allein ein Träger hoheitlicher Gewalt berechtigt und verpflichtet wird.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 1. April 2008 – 15 B
122/08 -, juris, Rdn. 7.

2.
Die Klägerin ist auch klagebefugt, denn es ist nicht von vornherein ausgeschlossen, dass ihr der geltend gemachte Anspruch zusteht. Nach ständiger Rechtsprechung hat der die Zulässigkeit wirtschaftlicher Betätigung der Gemeinden regelnde § 107 GO NRW drittschützenden Charakter.
Vgl. nur OVG, a.a.O., Rdn. 11 mit Nachweisen

II.
1.
Der Hauptantrag ist unbegründet.
Das Anbieten von Passbildern erfüllt nicht den Tatbestand der wirtschaftlichen Betätigung im Sinne des § 107 GO NRW, der einzig als Anspruchsgrundlage für den mit dem Hauptantrag geltend gemachten öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch in Betracht kommt. Danach ist als wirtschaftliche Betätigung der Betrieb von Unternehmen zu verstehen, die als Hersteller, Anbieter oder Verteiler von Gütern oder Dienstleistungen am Markt tätig werden, sofern die Leistungen ihrer Art nach auch von einem privaten mit Absicht der Gewinnerzielung erbracht könnten (§ 107 Abs. 1 Satz 3 GO NRW). Der Begriff der wirtschaftlichen Betätigung ist dabei betriebs- und nicht handlungsbezogen zu verstehen, somit kommt es für die Zulässigkeit der Betätigung auf den Gegenstand des betriebenen Unternehmens an, nicht jedoch im Wege atomisierender Betrachtung auf jede einzelne unternehmerische Handlung.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. August 2003 – 15 B
1337/03 -, juris, Rdn. 34.; Flüshöh, in: Kleerbaum/Palmen,
Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen, Erl. zu §107 GO NRW, IV 1. d).
Gemessen an diesen Kriterien ist eine wirtschaftliche Betätigung der Beklagten durch die Herstellung der Lichtbilder zu verneinen. Die Beklagte wird nämlich nicht am (allgemein zugänglichen) Markt tätig, sondern nur als Behörde im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens im Sinne des § 9 Verwaltungsverfahrensgesetz Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW), so dass bereits aus dem Grunde keine wirtschaftliche Betätigung gemäß § 107 Abs. 1 Satz 3 GO NRW vorliegt. Das Erstellen und Verarbeiten der Fotos kann nicht losgelöst von der hoheitlichen Aufgabe der Beklagten als Pass- bzw. Personalausweisbehörde betrachtet werden, es ist untrennbar damit verbunden bzw. Teil derselben. Die angefertigten Bilder werden ausschließlich für den Antrag auf Erteilung eines Personalausweises oder eines Reisepasses des dieses Dokument beantragenden Bürgers verwendet. Es ist nicht vorgesehen, dass die Bilder an die Bürger herausgegeben werden. Aus § 7 Abs. 1 Nr. 2 PAuswV ergibt sich zudem ausdrücklich, dass die Fertigung der Bilder auch durch die Personalausweisbehörde erfolgen kann. Es ist weder dargelegt noch ersichtlich, warum dies nicht sinngemäß auch für Pässe gelten soll.
Im Rahmen ihrer Organisationshoheit darf die Beklagte die Verwaltungsabläufe eigenständig organisieren und aus Gründen der Verfahrensvereinfachung und
-beschleunigung (vgl. § 25 VwVfG NRW) ihren Bürgern anbieten, die Passfotos selbst kostenlos zu erstellen, zumal dies in heutiger Zeit mit nur geringem technischen Aufwand verbunden ist und die Bürger für das Erstellen von Ausweisen nicht unerhebliche Gebühren zahlen müssen. Die Fertigung eines digitalen Fotos mit Übertragung in die digitale Datei ist für die Beklagte ersichtlich einfacher und weniger Arbeit, als wenn der antragstellende Bürger ein Lichtbild in Papierform mitbringt. Denn im letztgenannten Fall muss die Beklagte das Bild zunächst einscannen, die Qualitätsanforderungen prüfen und sodann in das digitale Dokument übertragen. Zum selben Ergebnis käme man im Übrigen, wenn man entgegen den obigen Ausführungen eine wirtschaftliche Betätigung im Sinne des § 107 Abs. 1 Satz 3 GO NRW bejahen wollte, da dann die Privilegierung des § 107 Abs. 2 Nr. 1 GO NRW greifen würde. Das Erstellen der Passbilder ist nämlich ein nicht eigenständig zu bewertender Teil der Tätigkeit des Bürgeramtes als Pass- bzw. Personalausweisbehörde, einer Einrichtung, zu der die Gemeinde gesetzlich verpflichtet ist.

2.
Auch der hilfsweise gestellte Antrag ist unbegründet.
Mit dem hilfsweise gestellten Antrag richtet sich die Klägerin gegen die Art und Weise („Wie“) der Tätigkeit der Beklagten, nicht gegen deren Zulässigkeit als solche („Ob“). Auf Grund der bindenden Verweisung an das Verwaltungsgericht ist der Rechtsstreit gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu entscheiden, so dass auch Ansprüche nach dem UWG und GWB zu prüfen sind.
Unterlassungsansprüche nach § 8 UWG setzen eine unzulässige geschäftliche Handlung voraus. Der Begriff der geschäftlichen Handlung ist in § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG legaldefiniert als Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt. Unter einem Unternehmen ist eine auf Dauer angelegte selbständige wirtschaftliche Betätigung zu verstehen, die darauf gerichtet ist, Waren oder Dienstleistungen gegen Entgelt zu vertreiben. Bereits das Landgericht Münster hatte in seiner Entscheidung vom 22. März 2013 zutreffend den untrennbaren Zusammenhang zwischen der Anfertigung der Lichtbilder und der öffentlich-rechtlichen Tätigkeit der Beklagten betont und aus dem Grunde das Vorliegen einer geschäftlichen Handlung sowie eines Unternehmens verneint. Diesen überzeugenden Ausführungen schließt sich die Kammer nach eigener Prüfung an und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit auf die dortigen Ausführungen
(Bl. 12 – 14 des Urteils).
Da die Beklagte mit dem kostenlosen Anbieten der Passfotos kein Unternehmen im wettbewerbsrechtlichen Sinne betreibt, sind auch Ansprüche nach dem GWB ausgeschlossen.“

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